Glennyce Eckersley: Der Engel kam um Mitternacht

Die Autorin Glennyce Eckersley ist sich sicher, dass Sie alle irgendwann in Ihrem Leben den Ausdruck „Sie sind ein Engel“ gehört haben. Vielleicht waren Sie besonders nett zu jemandem, haben jemandem in einer schweren Situation geholfen und das schöne Kompliment galt Ihnen. Die Autorin erzählt uns dazu eine kurze Geschichte.

Ich erinnere mich, wie ich vor ein paar Jahren aus einem überfüllten Zug ausstieg und eine sehr gebrechliche alte Dame sah, die sich mit einem schweren Koffer abmühte. Er war natürlich mit Rädern ausgestattet, aber sie hatte dennoch Schwierigkeiten, den Koffer zu lenken und gleichzeitig ihre Handtasche festzuhalten. Ich nahm ihr den Koffer ab und begleitete sie zum Taxistand, wo sie sich in ein Taxi für die Heimfahrt setzte. Sie sagte zu mir: „Sie sind ein Engel!“ Das brachte mich zum Lachen, denn ich bin in der Tat alles andere als ein Engel, aber ich war froh, geholfen zu haben. Aber Engel, die einem im Alltag begegnen, gibt es wirklich. Lassen Sie mich Ihnen die Geschichte von Melanie erzählen.

Melanie hatte den Ehrgeiz, eine Radiomoderatorin zu werden. Sie war mit viel Talent ausgestattet, besaß einen wissbegierigen Verstand und eine schöne Sprechstimme. Sie freute sich, eine Stelle bei einem nationalen Radiosender bekommen zu haben, und begann ihre Arbeit mit Feuereifer. Es gab nur ein Problem bei diesem Job: Das Radioprogramm war ziemlich spät in der Nacht und endete kurz vor Mitternacht. Der Nachhauseweg war lang und stellenweise auch menschenleer. Das schreckte sie jedoch nicht ab, und nach einer Woche Arbeit in der Sendung war sie glücklich und zuversichtlich.

An einem besonders dunklen Winterabend machte sie sich auf den langen Heimweg und hatte es sich in Gedanken schon auf der Couch gemütlich gemacht. Als sie den verlassenen Teil der Straße erreichte, wo es kaum Beleuchtung und so gut wie keinen Verkehr gab, begann Melanie, nervös zu werden. Plötzlich sah sie vor sich einen großen Hund mitten auf der Straße liegen. Es war ziemlich offensichtlich, dass ein Auto ihn angefahren hatte und der Fahrer einfach weggefahren war und den armen Hund auf der Straße liegen ließ. Zitternd hielt Melanie ihr Auto an und stieg ganz zaghaft aus. Sie schaute sich in beide Richtungen um, konnte aber niemanden sehen. Mit aufsteigender Angst ging sie auf den Hund zu. Zu ihrem Entsetzen musste sie feststellen, dass der Hund bereits an seinen Verletzungen gestorben war. Sie wusste nicht, was sie als Nächstes tun sollte. Der Hund war sehr groß und es war klar, dass sie ihn nicht so einfach von der Straße heben konnte. Melanie ertappte sich dabei, wie sie laut seufzte: „Engel, ich brauche deine Hilfe.“ Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter.

Hinter ihr stand ein junger Mann mit einem sehr freundlichen Gesicht, der sie sanft anlächelte und sie aufforderte, keine Angst zu haben. Melanie konnte kein Auto sehen und fragte sich, wo um alles in der Welt der junge Mann hergekommen sein könnte. „Ich kümmere mich darum“, versicherte ihr der Unbekannte, „bitte machen Sie sich keine Sorgen.“ Melanie bedankte sich bei ihm und ging schnell zu ihrem Auto zurück. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie dieser Mann mit der Situation zurechtkommen sollte. Aufmerksam beobachtete sie, wie er den großen Hund mit Leichtigkeit hochhob und an den Straßenrand trug. Behutsam, beinahe liebevoll legte er den Hund auf die Erde. Dann verließ er die Unfallstelle. Erleichtert drehte Melanie den Zündschlüssel in ihrem Auto. Als sie das Licht einschaltete, schaute sie in den Rückspiegel, um nach dem jungen Mann zu sehen. Es waren gerade mal ein paar Sekunden vergangen, aber es war niemand zu sehen, die Straße war menschenleer.

Melanie schaltete den Motor wieder aus, sprang aus dem Auto und spähte in die Dunkelheit, der junge Mann konnte sich doch nicht einfach so in Nichts auflö­sen … Sie blickte zum Straßenrand und erschrak. Vom Hund keine Spur, er war verschwunden. Als sie dann vor ihr Auto blickte, entdeckte sie ein Hundehalsband. „Wenn das nicht gewesen wäre, wäre ich überzeugt, dass ich mir das Ganze nur eingebildet hätte.“ Langsam fuhr sie nach Hause und grübelte über die Ereignisse nach. Als wir uns einige Zeit später trafen, erzählte sie mir, dass sie zu dem Schluss gekommen sei, dass der junge Mann tatsächlich der Engel war, den sie in jener dunklen Nacht um Hilfe gerufen hatte. Und Melanie ist fest davon überzeugt: Er hat den Hund mit in den Himmel genommen. Ich glaube ihr.

Engelwege

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