Wenn das Leben ein Künstler ist, ein Maler, sind wir „vom Leben Gezeichneten“ dann nicht alle ein Kunstwerk? Was wenn unser Gesicht und unsere Hände eine Leinwand sind und was, wenn das Leben selbst der Pinsel und die Farbe sind? Diese & weitere Fragen stellt sich der Fotograg Christian Holzknecht bei einer Seiner Fotoserien.
Was, wenn wir alle ein Kunstwerk sind, ein Kunstwerk, das umso länger in dieser Staffelei des Lebens eingespannt ist, umso wertvoller wird? Wäre dann Altern nicht eine geile Sache?
Die meisten Menschen, die mir bisher vor meiner Kamera begegnet sind, haben das umgekehrt erlebt. Da frage ich mich, warum wir uns so schwertun mit dem Altern? Wer hat festgelegt, dass das Schönheitsideal keine Falten erlaubt? Ist es die Werbung, die uns ewiges Jungsein einhämmert? Oder ist es die Angst vor dem nicht gelebten Leben, die wir irgendwie alle unvermeidlich in uns tragen? Jene Angst, die uns immer wieder an diese „Vergänglichkeit“ und „Endlichkeit“ erinnert.
Ich hatte einmal diesen Gedanken. Er war so verrückt, dass ich ihn dazumal gar nicht aussprechen konnte. Was wäre, wenn anstelle der älteren Menschen, die ihre Jugend zurück ersehnen, die jungen Menschen sich auf das Altern freuen? Weil es echt ist, weil es in der Richtung ist, wie die Natur es für uns vorsieht. Dann würde ein junges Mädchen zur Oma sagen: „Mensch Oma, deine Falten sind soooo schön und ich kann es kaum erwarten, bis ich auch so schöne Falten habe.“ Das Leben ist der Maler und wir sind die Leinwand und das Kunstwerk. Einzigartig und richtig, genauso, wie das Leben als Künstler sich das für jeden von uns vorgestellt hat.
Schon klar, du könntest jetzt denken: „Jössas, schon wieder ein Beitrag über die innere Schönheit“, und dabei würdest du vielleicht gar nicht erst anfangen, den tieferen Sinn, dieser Botschaft zu erfühlen. Ich selbst habe mit dieser Überschrift „innere Schönheit“ Vortragssäle gefüllt, ein Buch geschrieben und unzählige Menschen damit angesprochen. Ja und jetzt ist doch wieder alles anders. Jetzt ist es irgendwie neu geworden, auch für mich. Warum genau, weiß ich gar nicht, wahrscheinlich hat es damit zu tun, dass ich erneut die Qualität meiner Fragen verbessert habe.
Meine Fragen sind jetzt viel mehr bei unserer Gesellschaft angekommen, in der Zeit, in der wir grad leben und was die alten Menschen dabei für einen Stellenwert haben. Ich meine, was vor 100 Jahren noch undenkbar war, ist heute total normal geworden. Wir nehmen die älteren Menschen oft aus unserem Leben raus, weil wir ja schließlich das Geld verdienen müssen. Ironischerweise jenes Geld, das wir wieder in die Verbringung dieser Menschen reinstecken. Und ich will an der Stelle betonen, dass ich hier keinerlei Kritik damit verbinde, sondern so sanft wie möglich zum Nachfühlen einladen will, ob wir wirklich noch der Liebe folgen.
Noch nicht so lange her, war es unser oberstes Ziel, unsere alten Menschen bei uns im Kreise der Familie alt werden zu lassen, und dabei war es uns auch wichtig, zu wissen, dass sie zu Hause aus dem irdischen Körper gehen dürfen. Meinen Vater haben wir, meine Geschwister und ich, aus dem Krankenhaus nach Hause geholt. Er wollte es so und er hat diesen Wunsch mutigerweise geäußert. Wir wussten, dass er bald gehen wird. Wir haben seine Entscheidung und sein Wunsch respektiert.
Und es ist auch noch wichtig zu erwähnen, dass das ganz klar eine Errungenschaft oder vielleicht besser gesagt ein Problem, der ersten Welt ist. Ich habe mit meiner Kamera viele dritte Welt Länder bereist und überall bin ich auf eine völlig andere Form des Miteinanderaltwerden gestoßen. In Afghanistan zum Beispiel sind die Alten die Weisen. Nicht nur weil sie alt sind, sondern dem Umstand geschuldet, dass sie so lange „überlebt“ haben und dabei so viel „erlebt“ haben. Das zieht ein hohes Maß an Respekt der Jüngeren nach sich und so erleben die alten Weisen in diesen Dörfern das höchste Maß an Wertschätzung.
Mehr Informationen: www.christianholzknecht.com · www.lichtkrieger-mentoring.com