Daniela Hutter: Alles soll sich ändern. Wirklich?

„Was mache ich falsch, was soll ich tun? Ich bin mit meinem Beruf unzufrieden, frage mich, was dieser Job mit meiner Berufung zu tun hat. In meiner Beziehung läuft es alles andere als rund. Gerade will ich abnehmen, aber das kriege ich offensichtlich auch nicht hin …“. Diese Fragen wurden kürzlich an Daniela Hutter gestellt.

Das bekam ich von einer Klientin zur Antwort, als ich sie in unserem Coaching-Termin fragte, woran sie denn gerne arbeiten möchte. Sie hatte eine Stunde gebucht. Und als ich dann weiter wissen wollte, worauf sie sich denn konzentrieren möchte, auf welche Problematik wir als Erstes hinschauen wollen, war ihre Antwort: „Auf alles. Alle Themen sind wichtig!“ Ich erlebe das oft in den Coachings, dass da oft ein ganzes Paket an Vorstellungen und Erwartungen mitangeschleppt wird. Es sollen Antworten und Lösungen für mehrere Themen gefunden werden, möglichst unkompliziert und möglichst ohne viel Aufwand für den Alltag – aber bitte mit sofortiger Verbesserung der Lebenssituation. Als Coachin kann ich damit umgehen.

Ich weise darauf hin, wie wichtig es sei, Prioritäten zu setzen und dann ein Thema nach dem anderen abzuarbeiten. Da wird mir dann fleißig zugestimmt, dennoch spüre ich: Die Erwartungshaltung bleibt. Ich kann das gut nachvollziehen und habe in den meisten Fällen auch Verständnis dafür. Aber warum ist das so? Warum wenden sich so viele Frauen mit „so vielen Anliegen auf einmal“ an mich? Ich denke, dass sie in einer Sackgasse des Lebens feststecken. Damit meine ich, dass die Energie, die das Leben trägt, innerlich blockiert ist, dass diese Energie nicht frei fließen kann. Woher kommen diese Blockaden? Die meisten meiner Klientinnen haben sie selbst errichtet. Vor allem die Generation X (geboren in den 1960er- bis in die frühen 1980er-Jahre) ist eine „gehorsame Generation“. Schon von ihrer Erziehung her hat sich diese Generation einem Anerkennungsprinzip („leisten, um geliebt zu werden“) angepasst.

Ich weiß, wovon ich rede, auch ich gehöre zu dieser Generation. Ich kenne diese fest angelegten Handlungsmuster. Wir erfüllen die Erwartungen, die an uns gestellt werden, wollen bewusst oder unbewusst für unser „braves Verhalten“ gelobt werden. Wir stellen eigene Bedürfnisse und Vorstellungen zugunsten anderer hintan. Dabei nehmen wir uns selbst mehr und mehr zurück, geben die eigenen Träume auf. In alledem halten wir aus und durch – und wofür? Für die Anderen! Es ist nicht so, dass da nicht etwas in uns ist, das sich nicht melden würde. Etwas, das darauf aufmerksam macht, dass wir uns von uns selber entfremden, dass wir von anderen gelebt werden. Etwas, das uns sagt: Du bist einfach zu brav! Und irgendwann läuft das Fass über, weil es gar nicht anders geht. Es ist eine „Überlebensreaktion“ unserer Seele, die uns da plötzlich wachrüttelt.

Dann allerdings fühlt sich das Leben von einem Tag auf den anderen nach einer Großbaustelle an. Und es kommt nicht selten vor, dass sich dann manche von den anstehenden „Reparaturarbeiten“ überfordert fühlen. Ich habe oft beobachtet, auch und gerade in der spirituellen Szene, dass Frauen dann am liebsten alles hinschmeißen wollen: Beziehung, Freunde, Job, Wohnort. Ich kenne auch Coaches, die sich über diesen radikalen Veränderungswillen definieren: Je mehr Veränderung im Leben ihrer Schüler*innen passiert, umso besser schätzen sie die eigene Arbeit ein. Ich habe einen anderen Ansatz. Ich denke, dass der Weg der radikalen Veränderung um jeden Preis selten zu einem nachhaltigen Erfolg führt. Wer sich auf diese Weise das Geschenk eines besseren Lebens erwartet, wird nur allzu oft enttäuscht.

Ganz oft wechselt mit der totalen Veränderung nur die Überschrift der Probleme. Der Leidensdruck bekommt nur ein anderes Gesicht. Wer einen „sicheren Job“ hinschmeißt, um seiner wahren Berufung nachzuspüren, mag sich im ersten Moment befreit fühlen. Aber oft dauert es dann nicht lange, bis sich Existenzängste ins Leben schleichen, die alles noch viel schlimmer machen. Ich bin tief überzeugt, dass das Leben keine Fehler macht. Das, was wir gerade leben, ist auch Teil unserer Bestimmung: der Partner, der Job, die Freunde und alles, was sonst noch dazugehört. Allerdings müssen und sollten wir uns nicht mit dem, was ist, einfach abfinden.

Unsere Lebensumstände sind es, die uns unseren Auftrag und unsere Lernschritte ins Leben erkennen lassen. Schritte, die wir gehen sollten, aber eben einen Schritt nach dem anderen. Ich bin ein großer Freund dieser kleinen Schritte. „Radikal alles“ ist nicht immer die Lösung, um nachhaltig und erfolgreich Veränderung zu erreichen. Und noch lieber hab ich’ s, wenn man es erst gar nicht zur Großbaustelle kommen lässt. Wenn man schon im Alltag hellwach ist und nicht überhört, wenn die Seele nach Veränderung ruft.

Bei meiner Klientin übrigens habe ich herausgefunden, was ihr wichtigstes Anliegen ist. Daran arbeiten wir jetzt. Und ihre anderen Themen? Mal sehen, schön der Reihe nach, einfach Schritt für Schritt …

PS: An den männlichen Leser: Fühl Dich bitte nicht benachteiligt, wenn ich hier immer nur von Frauen spreche. Ich berichte dabei nur von meiner Praxisarbeit.

 

Daniela Hutter schreibt, bloggt, spricht und lehrt als Autorin, Coach und Seminarleiterin.
www.danielahutter.com.
Buchtipp: „Mach dein hell“. Erhältlich direkt bei der Autorin oder unter: www.mondhaus-shop.de

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