Glennyce Eckersley: Der Engel im Labyrinth

Auf den ersten Blick scheinen Engel und Mathematik wenig miteinander zu tun zu haben. Aber gleichwohl gibt es eine Verbindung zwischen Religion, Spiritualität und Mathematik. Hinter vielen heiligen Stätten verbergen sich mathematisch berechnete Formen der Spiritualität.

So verfügen beispielsweise viele alte und moderne Gotteshäuser über ausgeklügelte Labyrinthe. Eines der ältesten und berühmtesten ist das riesige Labyrinth der Kathedrale von Chartres in Frankreich. Es ist ein kompliziertes und in allen Details geometrisch ausgetüfteltes Gebilde. Auch in der Neuzeit haben spirituelle Menschen, die mit der Natur kommunizieren, Labyrinthe an Stränden mit Kieselsteinen ausgelegt, in Wiesen mit Blumen gestaltet oder einfach in die Erde geritzt. Ich erinnere mich an eine magische Nacht vor einigen Jahren, als ich an einem Wochenendworkshop teilnahm. Die Nacht war warm und dunkel nach einem heißen Sommertag, als die Leiterin des Workshops unsere Gruppe in den Wald führte. Dort hatte sie auf einer Lichtung Kerzen spiralförmig als Labyrinth aufgestellt. Wir zündeten die Kerzen an und bestaunten den wunderschönen Anblick eines fla­ckernden Gebildes. Für diejenigen, die mit diesen Strukturen nicht vertraut sind, besteht der Sinn darin, langsam an den Linien entlangzugehen und dabei über den spirituellen Aspekt zu meditieren, den man am meisten braucht. Oder einfach nur langsam durch die Gassen zu gehen und sich bewusst zu machen, was in diesem stillen Raum an Wundern geschehen könnte. Nicht nur Labyrinthe, auch andere spirituelle Orte enthalten Formen der Mathematik. Kirchen und Klöster sind häufig auf Ley-Linien gebaut. Die Ziegelsteine oder Bodenfliesen werden nach einem bestimmten mathematischen Muster verlegt. Auch mathematisch berechnete Sternen-Konstellationen haben große spirituelle Bedeutung. Die Heiligen Drei Könige folgten auf der Suche nach dem Jesuskind dem Stern von Bethlehem, der höchstwahrscheinlich eine Planeten-Konjunktion war. Auch viele uralte Kreise aus stehenden Steinen nach mathematischen Mustern geordnet, sind mystisch und bedeutsam.

Für Elsa, eine junge Frau, erwies sich der Gang durch ein Labyrinth als lebensverändernd:

Viele Jahre lang war Elsa sehr traurig gewesen. Sie war durch eine ständige Fehde von ihrer Familie getrennt, fühlte sich beruflich unerfüllt und schien nicht in der Lage zu sein, einen Partner oder gar einen engen Freund zu finden, dem sie sich anvertrauen konnte. Eines Tages jedoch sah sie in einer spirituellen Zeitschrift, die sie aus einem Impuls heraus gekauft hatte, eine Anzeige für einen Workshop, der sich auf die Praxis des Labyrinthgehens konzentrierte. Elsa hatte nur eine vage Vorstellung davon, was es damit auf sich haben könnte, und so rief sie die Dame an, die die Anzeige aufgegeben hatte. Die Dame klang reizend und der Workshop faszinierte sie irgendwie, und so buchte Elsa kurzerhand einen Platz für sich. Der Tag erwies sich als etwas ganz Besonderes, die anderen Teilnehmer waren freundlich und aufgeschlossen, und Elsa fühlte sich zum ersten Mal seit langer Zeit sicher und zufrieden. Schließlich war Elsa an der Reihe, langsam durch das Labyrinth zu gehen, das in einem schönen, hellen Raum auf dem Boden ausgelegt war. Die Musik war sanft und beruhigend, und Elsa geriet in eine meditative Stimmung. Das Zentrum einer solchen Labyrinthstruktur ist von großer Bedeutung, ein Ort zum Innehalten und Nachdenken, an dem man sich seiner inneren Gefühle und Gedanken bewusst wird. Elsa stand in der Mitte des Raumes, die Augen geschlossen, versunken in die Musik und die Magie. Plötzlich erfüllte ein Kribbeln ihren ganzen Körper und vor ihren geschlossenen Augen stand ein wunderschöner Engel. Er leuchtete in einem silbernen Licht und streckte die Arme nach Elsa aus, die noch nie etwas Derartiges erlebt hatte. Aber sie wusste instinktiv, dass dieser Moment ihr Leben verändern würde. Der Engel verblasste langsam, aber er hinterließ eine so starke Präsenz, dass Elsa sich erhaben und fast wie auf einer anderen Ebene fühlte. Sie sammelte ihre Gedanken und Gefühle und machte sich langsam auf den Weg zurück zu ihrem Ausgangspunkt, entlang der Linien des Kreises. Tränen liefen ihr über die Wangen. Die Leiterin des Workshops legte ihre Arme um Elsa und sagte ihr sanft, dass sie verstehe, wie sie sich fühle. Diese freundliche und weise Frau versicherte Elsa, dass der Engel ihr die Kraft und Liebe gegeben habe, nach der sie sich sehnte. Sie müsse auf die Zukunft vertrauen, ihrem Engel danken und bereit sein, neu anzufangen.

Es war wirklich ein Wendepunkt in Elsas Leben. Die Erfahrung, durch das Labyrinth zu gehen, hatte sie in die Lage versetzt, ihre eigene spirituelle Quelle anzuzapfen und dem Engel zu erlauben, hereinzukommen. Ich würde an dieser Stelle sagen: Sollten Sie jemals die Gelegenheit haben, in ein Labyrinth zu gehen, dann machen Sie sich auf den Weg!

Glennyce Eckersley

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